Im Jahr 2021 hat Deutschland das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verabschiedet, basierend auf einer EU-Richtlinie zur Stärkung der Barrierefreiheit von Verbraucherprodukten und -dienstleistungen. Dieses Gesetz verpflichtet ab Juni 2025 Betreiber von Online-Shops zur Implementierung verschiedener Maßnahmen. Das Hauptziel des Gesetzes ist es sicherzustellen, dass auch Menschen mit Behinderungen Online-Shops ohne Schwierigkeiten nutzen können. In diesem Artikel möchten wir Ihnen einige häufig gestellte Fragen (FAQs) zur Reichweite, Ausnahmen, neuen Verpflichtungen für Shop-Betreiber und den zeitlichen Rahmen des neuen Gesetzes vorstellen.
Zielsetzung und Anwendungsbereich des neuen Gesetzes zur verpflichtenden Barrierefreiheit
I. Was ist das Hauptziel des BFSG?
Um den Anforderungen der EU-Richtlinie (EU) 2019/882 gerecht zu werden, wurde das deutsche Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) am 22.07.2021 verabschiedet. Das BFSG legt allgemeine Anforderungen an die Barrierefreiheit fest und enthält spezifische Vorschriften für die Produktkennzeichnung, Marktüberwachung, Verwaltungsverfahren und Bußgeldvorschriften. Zusätzlich gibt es eine Verordnung zum BFSG (BFSGV) vom 22.06.2022, die spezifische Anforderungen an die Barrierefreiheit für erfasste Produkte und Dienstleistungen definiert.
II. Wann tritt das BFSG mit den neuen Pflichten in Kraft?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betrifft Produkte, die ab dem 29.06.2025 auf den Markt kommen, sowie Dienstleistungen, die ab dem 29.06.2025 erbracht werden. Es gibt jedoch Übergangsbestimmungen, nach denen Dienstleistungsanbieter ihre Dienstleistungen bis einschließlich 27.06.2030 mit nicht gesetzeskonformen, vor dem 28.06.2023 eingesetzten Produkten erbringen können. Verträge über Dienstleistungen, die vor dem 28.06.2025 geschlossen wurden, dürfen jedoch nicht länger als bis zum 27.06.2030 fortgeführt werden.
III. Gilt die Barrierefreiheitspflicht nur für Verbraucher (B2C) oder auch für Unternehmen (B2B)?
Die gesetzlichen Anforderungen an die Barrierefreiheit zielen in erster Linie darauf ab, Verbraucher zu schützen. Das BFSG definiert Verbraucherprodukte und -dienstleistungen, die den Anforderungen genügen müssen. Ein Verbraucher wird im Anwendungsbereich der Barrierefreiheitspflichten als jede natürliche Person definiert, die Produkte oder Dienstleistungen für Zwecke erwirbt oder erhält, die größtenteils weder ihrer beruflichen noch ihrer selbständigen Tätigkeit zugeordnet werden können.
IV. Gilt das neue BFSG auch für Onlineshops?
Ja, das Gesetz gilt grundsätzlich für Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr, die an Verbraucher erbracht werden. Dies schließt Onlineshops ein, die Produkte oder Dienstleistungen an Verbraucher verkaufen.
V. Gilt die Barrierefreiheitsanforderung auch für B2B-Shops?
Grundsätzlich nicht, es sei denn, ein B2B-Shop ist eindeutig als solcher erkennbar und richtet sich ausschließlich an Unternehmer, ohne Verbraucherverträge abzuschließen.
VI. Gilt die Barrierefreiheitsanforderung auch für reine Präsentationsseiten ohne Shop-Funktion?
Nein, Präsentationsseiten oder Blogs, auf denen Produkte oder Dienstleistungen nicht direkt erworben werden können, fallen nicht unter das BFSG.
VII. Werden alle Inhalte von Onlineshops von den Anforderungen erfasst?
Nein, bestimmte Inhalte von Dritten, die der Betreiber weder finanziert, entwickelt noch kontrolliert, sowie Inhalte von Onlineshops, die nach dem 28.06.2025 nicht aktualisiert oder überarbeitet werden, sind von den Anforderungen ausgenommen. Drittwerbung und Drittanwendungen wie Cookie-Consent-Tools sind jedoch nicht ausgenommen. Einzelne Inhalte von Onlineshops müssen ruhen, um von den Anforderungen befreit zu sein, was bedeutet, dass keine Aktualisierungen oder Überarbeitungen mehr nach dem 28.06.2025 erfolgen dürfen.
VIII. Sind bestimmte Unternehmer von der Umsetzung der Barrierefreiheitspflichten befreit?
Ja, „Kleinstunternehmen“ sind von den Pflichten des Gesetzes befreit. Kleinstunternehmen sind Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro.
IX. Können Shop-Betreiber, die keine Kleinstunternehmen sind, von den Anforderungen aufgrund unverhältnismäßiger Belastung befreit werden?
Ja, unter bestimmten strengen Voraussetzungen können Shop-Betreiber von den Anforderungen befreit werden, wenn die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen eine unverhältnismäßige Belastung darstellen würde. Dies erfordert eine sorgfältige Bewertung der eigenen Situation anhand der Kriterien in Anlage 4 des BFSG. Die Shop-Betreiber müssen dies schriftlich dokumentieren, alle 5 Jahre überprüfen und die zuständigen Marktüberwachungsbehörden informieren.
B. Barrierefreiheit in Online-Shops: Konkrete technische Umsetzungspflichten
I. Ab wann müssen betroffene Onlineshops barrierefrei gestaltet werden?
Onlineshops müssen ab dem 29.06.2025 barrierefrei gestaltet sein.
II. Welche allgemeinen Anforderungen an die Barrierefreiheit müssen in Onlineshops umgesetzt werden?
Onlineshops müssen auf angemessene Weise wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet sein. Sie müssen auch Funktionen und Verfahren bereitstellen, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ausgerichtet und mit assistiven Technologien kompatibel sind.
III. Welche speziellen Anforderungen an die Barrierefreiheit müssen in Onlineshops umgesetzt werden?
Spezifische Anforderungen werden in §19 des BFSGV definiert. Dies umfasst die Bereitstellung von Informationen zur Barrierefreiheit der verkauften Produkte oder Dienstleistungen, sofern diese vom Hersteller bereitgestellt werden. Diese Informationen müssen barrierefrei dargestellt werden, umfassend und leicht auffindbar sein.
IV. Welche konkreten technischen Maßnahmen werden empfohlen?
Es ist zu erwarten, dass konkrete Umsetzungsanforderungen in offiziellen Leitlinien noch konkretisiert werden. Als vorläufige Orientierungshilfe können die Richtlinien des internationalen Standards „Web Content Accessibility Guidelines“ dienen. Diese umfassen Aspekte wie die Bedienbarkeit per Tastatur, verständliche Formularfelder, anpassbare Textgröße, flexible Zeichenabstände, Untertitelung von Multimedia-Inhalten und mehr.
C. AGB-Informationspflichten über die Barrierefreiheit in Online-Shops
I. Welche neuen Informationspflichten müssen Shop-Betreiber erfüllen?
Ab dem 29.06.2025 müssen Betreiber von Online-Shops, die vom BFSG erfasst werden, Informationen zur Barrierefreiheit in ihren AGB oder auf andere gut sichtbare Weise bereitstellen. Diese Informationen müssen unter anderem eine Beschreibung der geltenden Anforderungen an die Barrierefreiheit und wie diese erfüllt werden, umfassen.
II. Wie sollen die Pflichtinformationen dargestellt werden?
Die Pflichtinformationen müssen barrierefrei im Sinne des BFSGV dargestellt werden, was bedeutet, dass sie für Verbraucher leicht wahrnehmbar, auffindbar und in verständlicher Form präsentiert werden müssen.
D. Konsequenzen bei Verstößen gegen die Pflichten zur Barrierefreiheit / Weitere Informationsquellen
I. Welche Konsequenzen können bei Verstößen gegen die Barrierefreiheitsanforderungen drohen?
Verstöße gegen die Anforderungen des BFSG können sowohl abmahnfähige Wettbewerbsverstöße gemäß § 3a UWG als auch behördliche Maßnahmen zur Folge haben. Ordnungswidrigkeiten können mit Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro geahndet werden.
II. Gibt es weitere offizielle Informationsquellen zu den Barrierefreiheitsanforderungen für Unternehmer?
Ja, das Bundesamt für Arbeit und Soziales hat umfangreiche Leitlinien zur Anwendung des BFSG und der zugehörigen Verordnung veröffentlicht, um Unternehmen bei der Umsetzung zu unterstützen. Diese Leitlinien bieten zusätzliche Orientierungshilfen für betroffene Unternehmen.
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